2000-10-26: "Die große Saison Analyse""
Die Formel 1-WM-Saison ist vorbei. 17 Rennen, teils spannend, teils weniger, haben
wir hinter uns und müssen uns nun monatelang mit dem Wintersport befassen.
Soininen statt Hakkinen, Maier statt Wurz und die Technik kommt nicht von Sauber
oder McLaren sondern von Salomon oder Fischer. Rillenpneus weichen geschliffenen
Kanten und die ganze Konzentration legt man nicht in eine perfekte Qualifying-Runde
sondern auf fünf präzise Schüsse im Schießstadion. Norbert
Haug tritt aus dem Rampenlicht und Uwe Müssiggang hinein. Bevor aber am 28.10.2000
in Sölden das erste Gletscherrennen der Skisaison steigt, wollen wir - Team
für Team, streng nach Startnummern, die Formel 1 Saison 2000 Revuepassieren
lassen.
McLaren Mercedes hatte eine gute Saison. Aber nicht gut genug. Drei Motorschäden
bei Mika Hakkinen, 10 aberkannte Konstrukteurs WM Punkte wegen eines abgefallenen
Aufklebers, 2 Fehlstarts, ein gegen Saisonmitte müde wirkender Weltmeister
und David Coulthard, der diese Phase nicht nutzen konnte, um sich zum WM-Kandidaten
zu etablieren waren die entscheidenden Faktoren, warum man in diesem Jahr nicht
mehr erreicht hat als einen 2. und einen 3. Rang in der Fahrerweltmeisterschaft,
7 Saisonsiege, 152 Punkte und damit einen sehr souveränen 2. Platz in der
Konstrukteurs-WM. So schlecht klingt das doch gar nicht. 1999 holten die McLaren
nur 124 Punkte und auch 1998 waren es nur 4 Punkte mehr als heuer. Trotzdem muss
man sagen, dass das Saisonziel nicht erreicht wurde. Hakkinen fehlte die notwendige
Souveränität, mit der er in den Jahren zuvor Coulthard in Grund und
Boden fuhr (Dies Jahr ließ er sich 7 Mal im Qualifying schlagen) und 2 WM
Titel erkämpfte, DC selbst fehlten scheinbar die fahrerischen Mittel. Für
2001 sehe ich dennoch nicht schwarz, da der nötige Speed jederzeit vorhanden
war. Auch im nächsten Jahr wird McLaren mit Hakkinen und Coulthard das Team
sein, das es zu schlagen gilt.
Ferrari war in dieser Saison stärker als in den 20 Jahren zuvor. Der WM-Titel
kommt nicht unverdient und es steht ja, wie Herr Haug errechnete noch immer 2:1
für die McLaren. Rubens Barrichello konnte sein Können zuweilen andeuten,
machte aber gleich nach dem letzten Saisonrennen klar, dass er sich für die
Zukunft mehr Chancengleichheit innerhalb des Teams wünschen würde. Das
haben aber auch schon andere getan. Auch er wird sich entscheiden müssen,
ob er weiter bei Ferrari (und damit klare Nummer 2) bleiben will um sich ein oder
2 mal im Jahr über die Erlaubnis zum Sieg zu freuen oder ob er bei nächster
Gelegenheit das Team wechselt. Denn um das "Heiligtum Schumacher" nicht
anzukratzen, wird es bei Ferrari, so wie zuvor bei Benetton, keine 2 gleichberechtigten
Fahrer geben. Für 2001 ist es zu spät. Da wird Ferrari mit der heuer
erfolgreichen Kombination weitermachen. Ob man wieder um die WM mitreden kann
wird man noch sehen.
Kommen wir nun zu den Verlierern der Saison. Das Jordan-Team, das im letzten Jahr
noch mit 61 Punkten klarer WM-Dritter geworden ist, erlebte in diesem Jahr ein
Desaster. 7 Punkte aus Brasilien, Frentzens Dritter Platz in Indianapolis und
dann noch 6 sechste Plätze zwischen dem 3. und dem 14. GP. 16 Ausfälle,
nur Arrows und Prost legten in den 17 Rennen weniger Runden zurück als Jordan.
Und die Ausfälle waren schmerzhaft. Allein 3 mal erwischte es Trulli oder
Frentzen auf Rang 2 liegend. Die Ankünfte waren dann meist so gelegen, dass
in den Rennen auch Ferrari, McLaren und BMW.Williams ins Ziel kamen. Mit hohen
Erwartungen gestartet, fiel ein ums andere mal das Getriebe aus, es gab Kollisionen
und andere technische Defekte. Mangels Zuverlässigkeit konnte das Auto auch
nicht in dem notwendigen Rahmen weiterentwickelt werden, so dass man am Ende der
Saison immer öfter auch die BAR ziehen lassen musste. Eine Saison zum Vergessen.
Aber es erscheint ein Licht am Ende des Tunnels. Die starke Fahrerpaarung konnte
auch für 2001 verpflichtet werden. Das Duell Frentzen gegen Trulli (Qualifying:
9:8 für Trulli) geht also weiter. Mit Ricardo Zonta hat man einen Test- und
Ersatzfahrer, der wirklich Hilfe leisten kann und vor allem der Werksvertrag mit
Honda macht Mut fürs nächste Jahr.
Eine weitere Enttäuschung war das Jaguar-Team. Mit einem Saisonsieg 1999
noch 4. der Konstrukteurs-WM enttäuschten Irvine und Herbert auf voller Linie.
Ein glücklicher 4. Platz in Monaco und ein weiterer Punkt aus Malaysia. Mit
4 WM-Punkten, alle durch Irvine, nur der 9. Rang in der Konstrukteurs-WM 2000.
Auch bei Jaguar gab es Ausfälle, das Problem in dieser Saison war aber einfach
fehlende Konkurrenzfähigkeit. Und was soll sich bei Jaguar ändern? Der
neue Chef, Bobby Rahal, hat einen schweren Stand. Fahrerisch gibt es eine Veränderung,
ob diese aber eine Verbesserung darstellt, ist sehr fraglich. Luciano Burti ersetzt
Herbert, der seinerseits seine Formel 1 Karriere beenden muss.13:3 Trainingsduelle
und das stattliche Alter des Johnny Herbert veranlassten die Verantwortlichen
zu diesem Schritt. Aber bei Jaguar muss deutlich mehr passieren, um nicht 2001
genauso im Regen zu stehen.
Es gibt aber auch Gewinner. Als Lernsaison hatte man das Jahr bei BMW angesehen
und auch für Jenson Button sollte es nicht mehr sein. Mit einem für
das Einstiegsjahr erstaunlich leistungsstarken Motor, einem extrem effizienten
Chassis und zwei überragenden Fahrern etablierte sich BMW.Williams gleich
im ersten Jahr der Partnerschaft als Dritte Kraft in der Formel 1. Angesichts
der Überlegenheit von McLaren und Ferrari und deren doch hohe Zuverlässigkeit
sind 36 WM-Punkte ein Traumresultat. Und Ralf Schumacher, der auch in dieser Saison
wohl konstanteste Fahrer, hatte einen co-genialen Partner an seiner Seite. Der
20 Jahre junge Button erkämpfte sich 12 WM-Zähler, konnte gleich in
seiner ersten Saison auf größtenteils unbekannten Pisten Ralf Schumacher
6 mal im Qualifying besiegen, machte sehr wenig Fehler und deutete einen Speed
an, wie es die F1 seit Jahren nicht mehr bei einem Debütanten erlebt hat.
Mit der Abgeklärtheit eines alten Hasen wartete er auf Fehler seines Vordermannes,
die Tatsache, dass er zu Renault abgeschoben wird ließ ihn kalt und er unterstrich
nur weiter, dass er jetzt schon Ralf Schumacher ebenbürtig ist. Inzwischen
haben alle erkannt, dass es ein Fehler war, ihn gehen zu lassen, aber auch ohne
Button wird Williams im nächsten Jahr, dann mit Formel 3000 Europameister
und CART-Weltmeister Juan-Pablo Montoya weiter mit großen Chancen um den
Dritten Rang im Konstrukteurs Pokal kämpfen. Und Ralf wird sein erstes Rennen
gewinnen. Wenn nicht sogar mehr.
Benetton erstaunte in Form von Giancarlo Fisichella die gesamte Fachwelt durch
18 Punkte in den ersten 8 Rennen, doch danach kam so gut wie gar nichts mehr.
Ein Paar Ausfälle waren zu verbuchen und plötzlich war Benetton nicht
mehr in der Lage Williams, Jordan und BAR zu gefährden. Fisichella ist sicher
der Verlierer der 2. Saisonhälfte, während Wurz sich vom Verlierer der
gesamten Saison durch ein Paar ansprechende Leistungengegen Ende der Saison und
den Abschluss des Testvertrages mit McLaren zum Saisonende noch zu einem nur Rückschrittigen
hocharbeitete. Insgesamt kann man bei Benetton mit dem 4. Rang im Konstrukteurspokal
hochzufrieden sein, mit der Performance über die gesamte Saison gesehen eher
nicht, da der Trend stark negativ ausfällt. Aber mit steigendem Renault-Einfluss
und Fisichella-Button im nächsten und Trulli-Button im darauffolgenden Jahr,
sollte man das Team nicht gleich abschreiben, wenn es auch schwer wird, gegen
die Honda-4 und die Williams zu bestehen.
Bei Prost-Peugeot hat man sich die Saison sicher auch ganz anders vorgestellt.
Das unzuverlässigste Auto im Feld, über die gesamte Saison gesehen war
nur Minardi noch langsamer als die Franzosen. Wegen der fehlenden Zuverlässigkeit
erreichte man allerdings als bestes Resultat nur einen 8. Platz. Da Minardi 3
8. Plätze vorweisen kann, ist man in diesem Jahr WM-Elfter und damit Letzter.
Dies hat gravierende Auswirkungen für das folgende Jahr, da immer nur die
besten 10 Teams in den Genuss der Reisekostenbezuschussung seitens der FIA gelangen.
Da mit Gauloises auch noch der Hauptsponsor verlorengegangen ist, und auch die
Telefonica-Millionen in Verbindung mit Marc Gene nicht an Land gezogen werden
konnten, muss man für 2001 auf Pedro Diniz zurückgreifen, um überhaupt
noch ein Budget aufstellen zu können. Nur der emsigen Arbeit Alain Prosts
und der gnädigen Vermittlung Ecclestones wegen hat man einen Motorenlieferanten
gefunden. Ferrari wird Prost mit Triebwerken ausstatten, was aber auch der einzige
positive Punkt für Prost 2001 ist.
Zufrieden kann man auch bei Sauber nicht sein. Zwar hat man immerhin 6 WM-Punkte
durch zum Teil wirklich gute Leistungen Mika Salos einfahren können, trotzdem
rangiert man nur auf dem 8.Rang der Konstrukteurs-WM, noch hinter Arrows. Während
Salo zumindest in einigen Rennen positiv auffiel, war von Diniz die ganze Saison
über gar nichts zu sehen. Aber die Schuld an der schlechten Saison nur den
Fahrern zu geben, wäre nicht fair. Das Auto hielt auch nicht das, was man
sich vor Saisonbeginn davon versprochen hatte. Der Ferrari-Motor war nicht unbedingt
auf dem Niveau dieses Jahres und gerade das Chassis war lange nicht so effizient,
wie man sich das erhofft hatte. Für 2001 wurden jetzt mit Nick Heidfeld und
Kimi Räikkönen zwei sehr junge Fahrer engagiert, in der Hoffnung, der
"Button-Effekt" könnte auch bei ihnen eintreten. Zumal auch Räikkönen
in seiner Karriere erst 23 Autorennen gefahren ist, noch weniger als Jenson als
er zu Jahresbeginn bei Williams unterschrieb.
Zumindest nicht unzufrieden hingegen wird man bei Arrows sein. 7 Punkte sind keine
Offenbarung, aber aus dem 9. Platz des Vorjahres wurde in dieser Saison ein siebter.
Und das mit dem nicht mehr konkurrenzfähigen Supertec-Motor. Vor allem der
überragend effizienten Aerodynamik hat man das gute Ergebnis zu verdanken.
Auf allen schnellen Strecken war mit Arrows zu rechnen, und die ausgeglichene
Fahrerpaarung de la Rosa und Verstappen, die übrigens auch fürs nächste
Jahr beibehalten wird, konnte dies einige Male in Erfolge umsetzen. Mit einem
konkurrenzfähigen Motor könnte man 2001 noch weitere Sprünge nach
vorn machen, mit dem in AMT umgetauften alten Peugeot-Motor jedoch wird die nächste
Saison sicher sehr schwierig.
Minardi hat in dieser Saison Großes geleistet. Der Abstand zur Spitze wurde
deutlich verringert und zum zweiten Mal in Folge ist man unter den 10 besten Teams
des Jahres gelandet. Was fehlte, waren nur WM-Punkte. Und ein Wegkommen aus der
letzten Startreihe. Doch wenn man das Budget von Minardi mit dem anderer Teams
vergleicht, muss man dem kleinen italienischen Team Respekt zollen. Vor allem
Marc Gene konnte immer wieder durch gute Trainingszeiten auf sich aufmerksam machen.
Was Minardi 2001 zu leisten im Stande ist, hängt wesentlich davon ab, ob
man zumindest mit Supertec-Motoren fahren kann. Sollte man gezwungen sein, auf
die alten Mugen Motoren oder gar wieder auf Ford zurückzugreifen muss, wird
auch dann kein WM-Punkt in Reichweite liegen. Und selbst mit Supertec wird es
nicht einfach. Wer die beiden Minardi pilotieren wird, steht noch nicht fest.
Mazzacane hat eher gute, Gene wegen des Telefonica Ausstieges eher schlechte Chancen.
Für den zweiten Platz stehen sicher auch noch andere potente Geldgeber mit
mehr oder minder talentierten Fahrern bereit.
Kommen wir nun zum letzten Team: BAR, die 1999 noch punktlos Letzter der WM waren.
Dies Jahr gab es immerhin 20 WM-Punkte, der vierte Rang bei den Konstrukteuren
wurde hauchdünn bei Punktgleichheit mit Benetton verloren und der Honda-Rivale
Jordan wurde sogar besiegt. Alles in Allem war es eine gute Saison für BAR,
gemessen an den (Miss)-Erfolgen des letzen Jahres und in anbetracht dessen, dass
Villeneuve nur selten die Unterstützung von Zonta bekam, die man sich vom
GT-Weltmeister und F 3000 Europameister erwartet hätte. Infolgedessen wird
eben dieser durch Olivier Panis ersetzt, der nach einem Jahr Testarbeit bei McLaren
nun wieder die Chance bekommt, auch an Rennen der Formel 1 teilzunehmen. Bei BAR
werden die Fortschritte auch 2001 weitergehen, ob das genügt, um weiter vor
Jordan zu rangieren oder um Williams anzugreifen, wird auch davon abhängen,
wie gut die Umstrukturierungen im Team und der größere Einfluss Hondas
greifen werden.
Zusätzliche Spannung garantiert der 2001 wieder aufbrennende Reifenkrieg,
der durch das Comeback Michelins ermöglicht wird. Während die Topteams
McLaren und Ferrari weiter auf Bridgestone setzen, werden einige der Konkurrenten,
darunter auch das Team Nr. 3 dieser Saison, BMW.Williams auf den Konkurrenten
Michelin wechseln. Daraus allerdings einen großen Vorteil für Williams
abzuleiten, wie Ligier ihn hatte, als Bridgestone das Goodjear-Monopol sprengte,
wäre voreilig. Denn Bridgestone ist besser auf Michelin vorbereitet, als
es Goodjear damals war. Spannung ist aber in jedem Fall garantiert. Und so schlecht
ist der Wintersport ja nun auch nicht, oder?
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